Aus Tagelöhnerhaus wird Traumhaus
Aus dem rohen Diamanten wurde mit viel Liebe zum Detail, Eigenleistung und Gespür für den Ort ein einzigartiges Denkmal geschaffen.
1801–2021: Historischer Überblick
Am Mühlenwall in Wiedenbrück ist mit dem Haus Nr. 11/13 ein traufständiges Fachwerkhaus von 1801 erhalten geblieben. Diesem wichtigen baulichen Zeugnis für die Stadt Wiedenbrück kommt insofern ein besonderer denkmalpflegerischer Wert zu, als dieses Objekt nach dem heutigen Stand der Hausforschung von vornherein als Mietshaus/Tagelöhnerhaus konzipiert war. Für die Zeit der Entstehung innerhalb der vergleichsweise kleineren Gemeinde Wiedenbrück war dies ein seltener Nutzungstypus.
Das Gefüge von Nr. 11 ist trotz einiger Umbauten und eines nachträglichen Anbaus fast vollständig erhalten geblieben. In den mehr als 200 Jahren sind keine Binnenwände beseitigt worden. Nur mit der Aufgabe der hohen Küche, verbunden mit dem Einbau einer modernen Kochstelle wurden die Räume offensichtlich neu genutzt und durch neue Türöffnungen erschlossen. Dafür musste auch das Treppenhaus in der Deele eingebracht werden.
Zustand vor der Sanierung
Das Gebäude wurde allerdings über viele Jahre nur sehr sporadisch gepflegt und durch verschiedene Nutzer in keiner Weise fachgerecht instandgehalten. Unsachgemäße Materialien und mangelnde Instandhaltung führten zuletzt zu einer nur sehr eingeschränkten und nicht eben wohngesunden Nutzungssituation. Die neuen Eigentümer haben das Gebäude wieder einer sinnvollen Wohnnutzung zugeführt. Dabei wurden sie denkmalpflegerisch sehr fundiert begleitet durch die Untere Denkmalbehörde der Stadt Rheda-Wiedenbrück, den Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) und Gröne Architektur GmbH als Teil der Gröne Unternehmensfamilie.
Der Entwurf: Modernes Wohnen trifft auf historische Substanz
Die Grundidee von Gröne Architektur bestand darin, unter Beibehaltung von Struktur und Konstruktion modernes Wohnen zu ermöglichen. Dieses findet im Wesentlichen auf einer Ebene, dem Erdgeschoss, statt. Im Altbau konnte die ursprüngliche Raumaufteilung weitgehend beibehalten werden. Das Raumprogramm umfasst die zweigeschosshohe Deele, Garderobe, Gästebad, Schlafzimmer mit Ankleide und das Hauptbad. Im Obergeschoss befinden sich ein kleiner Gästebereich sowie die Heizung und ein Hauswirtschaftsraum. Außerdem wurde der baufällige Anbau, der ursprünglich als Schweinestall und später als Abstellfläche genutzt wurde, abgerissen und durch einen modernen Anbau mit großzügigen Glasflächen ersetzt. Aufgrund der Nähe des Grundstücks zur Ems steht der Anbau zum Schutz der Fundamente auf einem 1,5 m hohen Schotterpolster. In der Wand zwischen der Deele im Haupthaus und dem neuen Anbau wurden alle Gefache entfernt, wodurch eine natürliche Fortführung der Deele in den Anbau hinein entsteht, der den Ess- und Wohnbereich umfasst und zusammen mit der Küche das Herzstück des Hauses bildet. Obwohl der Anbau mit 33 m² vergleichsweise klein ist, verleiht er den Wohnräumen durch die offene Konstruktion Helligkeit und großzügige Räumlichkeit.
Das weitläufige Raumgefühl wird zudem durch unerwartete Öffnungen verstärkt, die spannende Blickbeziehungen ermöglichen. So wurde beispielsweise eine alte Fassadenöffnung im Obergeschoss des Altbaus zum Anbau hin erhalten und schafft so eine weitere Verbindung zwischen Bestand und Neuem. Auf Höhe des Obergeschosses wurde eine historische Tür mit Rundfenster erhalten, die sich nun mit einer Brüstung versehen zum Luftraum der Deele öffnet. Generell legten Bauherrenschaft und Architekten großen Wert darauf, historische Elemente zu erhalten und sie in die Raumgestaltung zu integrieren. So zoniert die Ziegelwand einer ehemaligen Feuerstelle das Schlafzimmer und bildet die markante Rückwand für das Bett. Auch werden der Innenraum und die äußere Gestalt des Tagelöhnerhauses dadurch aufgewertet, dass die Positionen der historischen Fassadenöffnungen rekonstruiert wurden.
Gartengestaltung als Teil des Gesamtkonzepts
Einen wichtigen Baustein des Projektes stellte auch die Gartengestaltung dar. Bereits im gläsernen Anbau wird der Außenraum zum Teil des Wohnraums. Durch die Höhenversetzung über ein Split-Level ist sowohl vom Ess- als auch vom Wohnbereich ein freier Blick in den Garten möglich. Vom Wohnzimmer aus öffnet sich die Glasfassade über eine Schiebetür zur Terrasse, die so zum Teil des Wohnraums wird. Zentrales Element der Gartengestaltung ist die Ems, die direkt hinter dem Grundstück verläuft. Als verbindendes Element zwischen dem Fluss und dem Haus wurde ein durchgehender Steg entworfen. Als zweite Verbindung dient eine Gartenhütte, die einerseits die geometrische Form des Anbaus fortführt und andererseits durch ihre Fassade aus Eichenlatten an ein Schiffshaus erinnert.
Das Ergebnis
So fügen sich alle Elemente am Mühlenwall 11 zu einem harmonischen Ganzen zusammen. Gröne Architektur GmbH hat mit dem Tagelöhnerhaus ein besonderes Beispielobjekt für eine zeitgemäße Wohnnutzung in einem wertvollen Baudenkmal realisiert, das sich durch einen spannenden Kontrast zwischen historischem Altbau und modernem, aber sich respektvoll einfügendem Neubau auszeichnet.
Gröne Unternehmensfamilie
Die Gröne Architektur GmbH ist Teil der Gröne Unternehmensfamilie aus Delbrück. In dritter Generation entwickelt das Architekturbüro unkonventionelle Ideen und überraschende Lösungen. Die besondere Leidenschaft für denkmalgeschützte Gebäude, Umnutzungen und Sanierungen von Bestandsgebäuden und der Pioniergeist für nachhaltige Lösungen wie dem modernen Strohbau prägen die Arbeit von Gröne Architektur. Komplettiert wird die Unternehmensfamilie durch die Abteilung Immobilien für die Immobilienberatung und -vermarktung und die Abteilung Handwerk, die mit eigenem Sägewerk und Maurer-, Zimmerer- und Tischlerarbeiten die Projekte bis zum letzten Stein begleitet. In allen Abteilungen der Gröne Unternehmensfamilie gehen Tradition und Zukunftsgewandtheit ganzheitlich Hand in Hand, um eine lebenswerte Zukunft zu gestalten