Rekonstruktion eines Baudenkmals lässt Geschichte sichtbar werden

Gröne Architektur gewinnt 2019 die öffentliche Ausschreibung für die Rekonstruktion einer ehemaligen Häftlingsbaracke des KZ Niederhagen. Über drei Jahre werden alle Nutzungsphasen des zuerst als Küche und später als Flüchtlingswohnung genutzten Steinbaus herausgearbeitet.

Mit der Eröffnung als Ausstellungsort wurde im Sommer 2021 ein besonderes Projekt des Kreises Paderborn abgeschlossen: die behutsame Restaurierung der Häftlingsküche des Konzentrationslagers Niederhagen in Wewelsburg.

Das Gebäude steht für ein besonders dunkles Kapitel deutscher Geschichte. Die SS unter Reichsführer Heinrich Himmler plante, die nahegelegene Wewelsburg zur ideologischen Zentrale des Nationalsozialismus auszubauen. Die Bauarbeiten sollten von Zwangsarbeitern aus dem eigens errichteten KZ Niederhagen ausgeführt werden – unter ihnen Menschen aus Russland, Polen, Belgien, den Niederlanden und Deutschland.

Nach dem Krieg nutzten die Alliierten die Baracken als Lager für ehemalige Zwangsarbeiter. Später zogen Flüchtlinge und Vertriebene ein. Bis Mitte der 1960er-Jahre wurden die Holzbaracken abgerissen – erhalten blieben nur die Steinbauten: das Torhaus, die Wäscherei, die SS-Garagen und die Küchenbaracke, in der einst die Häftlinge ihre Mahlzeiten zubereiteten und einnahmen.

Das Gebäude wurde in der Nachkriegszeit zu Wohnzwecken umgebaut. Trennwände aus Bauteilen der abgerissenen Holzbaracken zeugen bis heute von dieser Zeit. Dass es sich um originale Bausubstanz handelte, wurde 2016 deutlich, als das Gebäude in die Erweiterung des benachbarten Feuerwehrgerätehauses einbezogen werden sollte. Bei den Vorarbeiten entdeckte man auf einem Holzbalken mit Bleistift die Inschrift: „Lang lebe das Königreich Polen“ – vermutlich von einem Häftling hinterlassen.

Ein sofortiger Baustopp folgte, das Gebäude wurde unter Denkmalschutz gestellt. 2018 erwarb der Kreis Paderborn die Baracke von der Stadt Büren. Im Folgejahr wurde Gröne Architektur mit der Planung und Durchführung der Rekonstruktion beauftragt.

In enger Zusammenarbeit mit einer auf KZ-Architektur spezialisierten Bauhistorikerin nahm das Team um Architekt Marcel Zorn und Bauingenieurin Caroline Heising die anspruchsvolle Aufgabe in Angriff, die baulichen Spuren aller Nutzungsphasen sichtbar zu machen – von der Raumaufteilung über Bodenbeläge bis hin zu Tapetenfragmenten. Dabei traten immer neue Zeugnisse der wechselvollen Geschichte zutage. So zeigte sich, dass das Gebäude ursprünglich ebenfalls aus Holz errichtet und erst später durch gemauerte Innenwände aus Ziegeln ersetzt worden war. Dabei wurden standardisierte Bauteile verwendet, wie sie in Konzentrationslagern im gesamten Reich zum Einsatz kamen.

Im Keller, ursprünglich als Vorratsraum genutzt, konnten alte Lichtschächte zur Belüftung wiederentdeckt und freigelegt werden. Auch andere Funktionsbereiche wurden rekonstruiert: Fliesenböden mit Gefälle deuten auf eine Spülküche hin, verschlossene Wandöffnungen auf frühere Durchgänge.

Für eine behutsame Annäherung an das Projekt sichtete Marcel Zorn historisches Material des Museums Wewelsburg und bereitete auch die ausführenden Handwerker auf mögliche Funde vor. Tatsächlich wurde hinter einer Fußleiste ein Heizmaterial-Bezugschein aus der Nachkriegszeit entdeckt – ein stilles Zeugnis der Flüchtlingsnutzung.

In aufwendiger Kleinarbeit wurden über Wochen und Monate hinweg Spuren der Vergangenheit an Wänden, Decken und Böden freigelegt. Anders als bei vielen Sanierungen stand nicht ein ästhetisch perfektes Ergebnis im Vordergrund, sondern der bewusste Erhalt von Nutzungsspuren – etwa Brandflecken der Häftlingsöfen oder der eingebrannte Abdruck eines Bügeleisens an einer Holzwand.

Insgesamt investierten der Kreis Paderborn, das Land Nordrhein-Westfalen und die EU rund 400.000 Euro in das Projekt. Die rekonstruierte Baracke soll künftig als Teil des Kreismuseums Wewelsburg eine neue Dauerausstellung beherbergen und zur Aufarbeitung der Geschichte des KZ Niederhagen beitragen.

Wir freuen uns auf dein Projekt!

Meld dich gerne unter 05250 / 52260 oder per Mail an info@groene-architektur.com

Laura Ginis, Assistentin der Geschäftsführung